Ohrakupunktur (Aurikuloakupunktur)

Die französische Ohrakupunktur ordnet die Akupunkturpunkte am Ohr, innerhalb eines Therapieschemas bestimmten Kategorien zu. Es gibt ca. 200 Akupunkturpunkte am Ohr, darunter Organpunkte, Summationspunkte, Punkte für die Psyche, das Immunsystem, sowie das Hormonsystem und dem Bewegungsapparat. Über das Ohr ist es zudem möglich, über Entzündungs - und Schmerzpunkte, dementsprechende Prozesse zu lindern.

Im Vergleich dazu, arbeitet die chinesische Ohrakupunktur mit Meridianen, definierten Energiebahnen und  120 mit Nummern versehenen Punkten, worüber Einfluss auf das Energiesystem genommen wird.

Die Spezifität der Ohrakupunktur, liegt in der Somatopie. Dieser Begriff stammt aus der Neurologie und beschreibt die Projektion verschiedener Körperzonen und -areale, wie eine Art Landkarte im Gehirn. Am Ohr lässt sich über ein Repräsentationsfeld, das Reflexbeziehungen schwerpunktmäßig darstellt, beschwerdebezogen Einfluss nehmen.

Vorgehensweise

Wie bei jeder guten Therapie wird auch bei der Aurikulotherapie eine Anamnese vorangestellt. Nach Inspektion des Ohrs werden erste Hinweise auf Problemregionen gefunden, welche unter Umständen Hautveränderungen, Äderchen oder Quellungen sein können.

Spezifische Diagnostik

Nach Anamnese, Inspektion und ggf. einer körperlichen Untersuchung folgt die spezifische Diagnostik am Ohr.

Traditionell werden auffällige Punkte über Pulsdiagnostik gefunden. Dabei wird mit einem Metallstift, einer Nadel oder einem 3-Volt-Hämmerchen das Ohr auf pathologische Punkte abgesucht, was zu einer Reizauslösung führt, die eine Pulsveränderung (Pulsamplitude, nicht Pulsstärke) nach sich zieht. Dies nennt man RAC (Reflex auriculo.-cardiale). Es schließen sich periphere-arterio-venöse-Shunts, das arterielle Gefäßsystem füllt sich kurzfristig mit mehr Blut, was als Pulsveränderung für den Therapeuten tastbar ist und den Behandler auf eine Störung hinweist.

Die tastende Diagnostik, über einen Steigbügeltaster oder APM (= Akupressurmassage)- Stift, zeigt dem Therapeuten erste Hinweise auf Pathologien über Sensibilitätsveränderungen, Schmerzpunkten oder anderen Auffälligkeiten. Über Vertiefungen und Kerben  erhält man schon einen groben Überblick über die Topographie am Ohr.

Auffällige, bzw. pathologische Akupunkturpunkte am Ohr unterscheiden sich von nicht-pathologischen, durch eine Veränderung der elektrischen Spannung des Hautwiderstandes. Mit einem Punktsuchgerät können genau diese Punkte gefunden werden und über die Somatopie spezifischen Körperregionen zugeordnet werden.

Die Ohrakupunktur

Nach sorgfältiger Diagnostik und Desinfektion des Ohres, werden für eine effektive Therapie am dominanten Ohr Nadeln gestochen. D.h. Beim Rechtshänder rechts und beim Linkshänder links, außer es handelt sich um nicht-paarige Organe die speziell in der rechten oder linken Körperhälfte liegen; diese werden entsprechend Ihrer Lage gestochen.

Es werden in einer Behandlung ca. 10-15 Nadeln insgesamt an den Ohren gestochen, diese entsprechen einem bestimmten Therapieschema, das der Therapeut aufgrund seiner Befundung entwickelt.

Akupunktur ist eine Reflextherapie, die über die folgenden Mechanismen wirkt:

  • Nerval- reflektorisch (z.B. bei M. Sudeck)
  • Humoral- endokrin (z.B. bei der Schmerztherapie)
  • Vasoaktiv (z.B. bei Kopfschmerz, Hypotonie)
  • Muskelrelaxierend ( z.B. bei Erkrankungen des Bewegungsapparates)
  • Immunologisch aktivierend (z.B bei Infektionsanfälligkeit)

Die Akupunktur wird weder in China noch in der westlichen Medizin als Einzeltherapie aufgefasst, vielmehr sollte sie mit anderen Methoden (z.B. Naturheilverfahren, Osteopathie, physikalische Therapie, Homöopathie, Orthomolekulare Medizin, Schulmedizin) kombiniert werden.

Indikationen der Ohrakupunktur

 

Geschichte der Ohrakupunktur

Der französische Allgemeinarzt Paul Nogier (1908 – 1996) begann 1951 in Lyon die Ohrakupunktur zu entwickeln, indem er Studien mit Ischialgiepatienten betrieb. Er kauterisierte diese immer am selben Ohrpunkt und konnte dadurch enorme Erfolge vorweisen.

Nogier stellte er auf dem Akupunkturkongress 1956 in Marseille seine "Aurikulotherapie" vor und gilt seither als Begründer der Ohrakupunktur,  eines der am meisten etablierten Mikrosysteme.

Der deutsche Arzt F.R. Bahr, entwickelte die Ohrakupunktur von Nogier weiter, so dass differenziert auf Störfelder, Intoxikationen oder andere therapiebedürftige Probleme eingegangen werden kann.